top of page
Suche
  • AutorenbildAachen Unverpackt

Was ist denn nun nachhaltiger, Papierhandtücher oder elektrische Handtrockner?

Aktualisiert: 5. Aug. 2019

Eine Studie aus Melbourne liefert die Antwort.


Man kennt die Problematik: man möchte alles richtig machen und die nachhaltigste und praktikabelste Lösung für seine Fragestellung finden. Was aber, wenn das gar nicht so einfach ist wie gedacht? So grübelten auch wir über der Frage, ob denn nun die Einmalhandtücher wirklich ökologisch schlimmer seien als die jahrelang durchhaltenden elektrischen Handtrockner.


Glücklicherweise haben uns australische Forscher*innen nun eine Antwort geliefert. Mittels eines Life-Cycle-Assessments (zu Deutsch Ökobilanz) versuchten sie, wissenschaftlich die beiden sehr unterschiedlichen Händetrocknungssysteme vergleichbar zu machen.


Dabei kommen sie zum Schluss (Trommelwirbel...), dass der elektrische Handtrockner minimal umweltfreundlicher ist. Doch in vielen Punkten wird deutlich, dass der Vergleich schwerfällt, manchmal liegt die Papierversion klar vorne, manchmal die elektrische. Nur der Bilanzstrich konnte schlussendlich die Entscheidung bringen.


Was macht den Vergleich so schwierig? Die beiden Systeme verwenden verschiedenen Materialien, haben unterschiedliche Anwendungstypen und produzieren unterschiedlichen Abfall. Ein Papierhandtuch wird direkt nach seiner Benutzung entsorgt, ein elektrischer Handtrockner kann dagegen über Jahre hinweg verwendet werden. Während das eine aus recyceltem Altpapier hergestellt werden kann, müssen für das andere Metallerze abgebaut und Erdöl für die Kunststoffherstellung gefördert werden.


Daher mussten für die Studie verschiedene Annahmen getroffen werden. So gehen die Wissenschaftler*innen von 130.000 Handtrocknungen pro Jahr aus, 2 benutzten Tüchern pro Trocknung beziehungsweise 30 Sekunden des elektrischen Trocknens. Außerdem wird in der Studie der australische Strommix mit einem durchschnittlichen Anteil an erneuerbaren Energien von 10 % zu Grunde gelegt. An dieser Stelle können wir davon ausgehen, dass der Handtrockner in Deutschland seinen Vorsprung noch ausbauen könnte: Im Der deutsche Strommix besteht zu knapp 30 % aus Erneuerbaren Quellen.


Ein überraschender Punkt: Man könnte denken, gerade beim Ressourcenverbrauch müsste die elektrische Version punkten können, immerhin ist es mit einer einmaligen Anschaffung getan. Doch ganz im Gegenteil wird für Papier wesentlich weniger Landfläche benutzt, da der Recyclinganteil in den Papierhandtüchern mittlerweile sehr hoch ist.

Diesen Pluspunkt kann man bezüglich der Treibhausgasemissionen leider nicht vergeben, für beide Lösungen ist der Ausstoß in etwa gleich schwerwiegend. Die Papierproduktion pustet zwar weniger CO¬2 und Methan in die Atmosphäre, dafür aber hohe Mengen an einigen gefährlichen Stickoxiden. Vergleicht man die CO2-Äquivalente kommen beide Modelle ungefähr gleich aus.


Bisher klingt das noch nicht nach einem klaren Sieg für eine der beiden Seiten. Der ergibt sich erst bei Betrachtung des Verbrauchs an fossilen Brennstoffen. Hier ist das Papier ein richtiger Klimasünder mit einem um mehr als das Doppelte erhöhten Bedarf. Außerdem trägt Papier viermal so stark zur Versauerung von Böden und Eutrophierung (1) von Gewässern bei.

Zum Schluss also doch ein mehr oder weniger deutliches „Ja“ zum elektrischen Handtrockner. Es ist davon auszugehen, dass beide Varianten in Deutschland mittlerweile etwas nachhaltiger sein dürften, da der Strommix hier bis zu dreimal so grün ist wie in Australien zum Zeitpunkt der Erstellung der Studie.


In der vereinfachten Betrachtung des Umweltbundesamtes (UBA) aus dem Jahr 2014 schnitten sogenannten Jetstreams am besten ab (2). Um die Beschaffung nachhaltig zu gestalten, sollten öffentliche Auftraggeber sich an die Leitfäden des UBA halten (3). Was die Hygiene angeht, ist allerdings noch kein abschließendes Urteil gefallen…


Unsere persönliche Empfehlung ist aber noch immer: Wer Hosen trägt, sollte diese nutzen und sich daran die Hände trocknen. Da kann man sich sicher sein, dass man weder für Regenwaldabholzung noch zu menschenrechtsverletztendem Erzabbau in Entwicklungsländern beiträgt. Hygienisch natürlich auch keine astreine Lösung...

Bliebe da nicht noch diese immer leicht nasse und wahrscheinlich mit Keimen bespickte Klinke an der Toilettentür…



(1) Eutrophierung bezeichnet den Prozess in Gewässern, bei dem aufgrund eines Überangebots an Nährstoffen, v.a. Stickstoff und Phosphor, verstärktes Algenwachstum dazu führt, dass die Gewässer an Sauerstoff verarmen. Ist der Sauerstoffmangel so groß, dass z.B. Fische in dem Gewässer nicht mehr überleben können, wird auch von „gekippten“ Gewässern gesprochen.

(2) UBA-Texte 33/2014: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/texte_33_2014_verum_vorherige-version-mit-fallbeispielen.pdf

(3) https://www.umweltbundesamt.de/haendetrocknung-0


407 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
Beitrag: Blog2_Post
bottom of page